Donnerstag, 9. August 2012

Kambodscha

Am 3. August um 7.30 Uhr steige ich in den Minibus, welcher mich bis an die kambodschanische Grenze bringt. Vor der Grenze erledigen wir dann den ganzen Papierkram für das Visum. Das ganze Prozedere an der Grenze ist extrem mühsam. Zuerst warten wir bis wir den hübschen Kleber im Pass haben, dann geht’s zu Fuss über die thailändische Grenze wo der Pass abgestempelt wird. In Zwischenzeit hat es begonnen zu regnen. Im Regen gehen wir 400 Meter zu Fuss bis zur kambodschanischen Grenze. Dort gibt es schon etliche andere Touristen, welche auf den Stempel im Pass warten und wie uns gesagt wird müssten wir eine Stunde warten.

Unsere Gruppe entscheidet uns für die Variante mit umgerechnet 3 Schweizer Franken in den Pass legen und diesen so einem Grenzwächter zu übergeben und schon existiert für uns die Schlange nicht mehr.
In einer Busstation warten wir auf unsere Pässe, welche uns von dem Reiseleiter welcher uns über die Grenze geführt hat bald wieder übergeben werden. Komisch ist nur, dass nie jemand den Pass mit unseren Gesichtern abgeglichen hat.


Dieser Abschnitt passt hier gerade gut rein – Korruptionsindex 2010 (Quelle: http://www.transparency.de/Tabellarisches-Ranking.1745.0.html):
1. Platz Dänemark
8. Platz Schweiz
56. Malaysia
78. Platz Thailand
78. Platz Kolumbien
87. Platz Albanien
87. Platz Indien
154. Platz Kambodscha
154. Republik Kongo
176. Platz Myanmar
178. und letzer Platz Somalia

Per dreistündiger Taxifahrt geht es dann für mich mit drei weiteren reisenden nach Siem Reap.

Im folgenden Abschnitt versuche ich die Geschichte Kambodschas kurz zusammenzufassen, damit ihr die weiteren Berichte besser versteht (Quelle: Stefan Loose, Südostasien).

Im frühen 9. Jh. Begann die Angkorianische Epoche. Ab diesem Zeitpunkt herrschten 39 Könige von verschiedenen Hauptstädten nordöstlich des Tonle Sap (See) über das Angkor-Reich, das damals noch als Kambujadesa bezeichnet wurde. Der letzte bedeutende König, Jayavarmann III., brachte ein gigantisches Bauvorhaben auf den Weg, das seinen Höhepunkt in der Errichtung der glanzvollen ummauerten Stadt Angkor Thom fand. Fotos der Ruinen folgen in späteren Berichten.
Im 14. Jh. präsentierte sich die Armee Ayutthayas (früherer Blogeintrag) als hervorragend organisierte Streitmacht, drang auf kambodschanischen Gebiet vor und legte Angkor Thom praktisch in Schutt und Asche. Mitte des 15. Jhs. befand sich das Reich der Khmer auf dem absteigenden Ast und die Hauptstadt wurde aufgegeben und weiter in den Süden verlegt.
1594 fiel die neue Hauptstadt völlig in die Hände der Siamesen (Als Siam wurde das Land bezeichnet das heute mehr oder weniger Thailand entspricht). Von daher sah es für das Khmer Reich düster aus. Während verschiedene kambodschanische Königsfamilien entweder in Siam oder in Vietnam um militärische und finanzielle Hilfe nachsuchten, verloren sie grosse Teile ihres Landes in Form von Tributzahlungen an die beiden Nachbarn.
Währen die Franzosen 1863 nicht auf der Bildfläche erschienen, wäre Kambodscha möglicherweise vollständig von seinen Nachbarstaaten verschluckt worden. 1963 marschierten die Japaner in Kambodscha ein, und die französische Vorherrschaft wurde durch den Zweiten Weltkrieg unterbrochen.
Nach der Kapitulation der Japaner 1945 machten sich die Kambodschaner für die Unabhängigkeit stark. Und da den Franzosen die Ressourcen fehlten blieb ihnen gar nichts anderes übrig als Kambodscha in die Unabhängigkeit zu entlassen.
Später gestattete der kambodschanische Monarch der nordvietnamesischen Regierung, ihre in Südvietnam operierende Viet Cong-Guerilla über kambodschanisches Staatsgebiet zu versorgen.
1969 begannen die Amerikaner mit verschiedenen Bombardements der Provinzen an der kambodschanischen Ostgrenze, wo sie Verstecke der Vietcong vermutete. Mehrere hundert kambodschanische Zivilisten wurden bei den Angriffen (die bis 1973 andauerten und nach allgemeiner Überzeugung zum Aufstieg der Roten Khmer führten) getötet oder schwer verletzt. Später drangen die Vietnamesen von den US-amerikanischen und südvietnamesischen Truppen verfolgt noch weiter auf kambodschanischen vor und verwandelten das Land in ein bitter umkämpftes Schlachtfeld. Während das Land unter einer schwachen und ineffektiven Führung im völligen Chaos versank, konnte sich die Roten Khmer neu formieren und übernahmen langsam die Kontrolle über grosse Teile der Provinzen.

Am 17. April 1975 marschierten die Streitkräfte der Roten Khmer unter dem begeisterten Jubel der kambodschanischen Bevölkerung in Phnom Penh ein. Der Krieg war vorbei, und jetzt würde es endlich Frieden geben, so glaubte man.
Ab dem ersten Tag, als die Roten Khmer in Phnom Penh einzogen, setzten sie einen systematischen Prozess des kommunistischen Umbaus in Gang, der vermutlich vom Anführer der Kommunistischen Partei, Saloth Sar (alias Paul Pot) angeordnet worden war. Das wahnsinnige Bestreben, ein ganzes Land in einen reinen Bauernstaat zu verwandeln, erwies sich als menschliche Katastrophe und sorgte auch innerhalb der internationalen Staatengemeinschaft für grosse Empörung, der aber so gut wie keine Taten folgten. Die gesamte Bevölkerung aus Phnom Penh und anderen Provinzstädten wurde gewaltsam aufs Land umgesiedelt, um dort ihre neue Existenz als Kleinbauern aufzunehmen. Diese Menschen hatten noch das glücklichere Los, denn Pol Pot befahl in der Folge Massenexekutionen von Intellektuellen, Lehrern, Schriftstellern, Gebildeten und deren Familien. Selbst das Tragen einer Brille galt als Zeichen für Intelligenz und wurde als „Verbrecher“ eingestuft, das mit dem Tode zu bestrafen war. Die Schreckensherrschaft dauerte vier Jahre lang, bevor vietnamesische Streitkräfte 1979 in der kambodschanischen Hauptstadt einmarschierten. Bis zu diesem Zeitpunkt waren mindestens eine Million, möglicherweise aber auch bis zu drei Millionen Khmer dem Völkermord zum Opfer gefallen. Pol Pot und seine Anhänger flogen in den Dschungel nahe der thailändischen Grenze und führten von dort aus einen Bürgerkrieg gegen die nachfolgende Regierung in Phnom Penh.
Für das kambodschanische Volk bedeutete die vietnamesische Besatzung keinesfalls die Ideallösung, doch immerhin eine begrüssenswerte Entwicklung nach den unglaublichen Leiden und Schrecken der vier vergangenen Jahre. Die internationale Gemeinschaft schlug sich jedoch auf die Seite der oppositionellen Koalitionen und verweigerte der neuen Regierung die Anerkennung. Schliesslich könnte die vietnamesische Okkupation der Beginn einer kommunistischen Expansionspolitik sein, während die Roten Khmer ja nur ihre eigenen Leute töteten und keine Bedrohung für die kapitalistische Welt darstellten. Also machten Thailand, Grossbritannien und die USA gemeinsame Sache, indem sie die Völkermordrebellen ausbildeten, ihnen Zuflucht auf thailändischem Boden gewährte, sie mit Geld, Waffen und Lebensmitteln versorgten und ihnen den kambodschanischen Sitz bei den vereinigten Nationen offerierten.
1985 kam es zu einem Wandel in der kommunistischen Welt, als Michail Gorbatschow das Ruder in der Sowjetunion übernahm und die Finanzhilfe an Vietnam einstellte. Vietnam konnte danach das Engagement in Kambodscha nicht mehr aufrecht erhalten.
Nach den Wahlen von 1993, welche jedoch von Morden, Einschüchterungstakten, Bestechung und Granatfeuer auf Wahllokale begleitet wurden, intensivierten die Roten Khmer ihre Guerilla-Aktivitäten. Nach einer Amnestie für die Soldaten der Roten Khmer waren bereits viele zu den Königlichen Kambodschanischen Streitkräften RCAF übergelaufen, und 1996 gelang der Regierung ein weiterer Coup, als Pol Pots treue rechte Hand Leng Sary mit 10‘000 Soldaten überlief.
Damit waren die Roten Khmer gespalten, und der alternde Pol Pot sah sich mehr und mehr isoliert. Als sich weitere Abwanderungen aus den eigenen Reihen abzuzeichnen begannen, befahl der paranoide Pol Pot die Ermordung seines früheren Verteidigungsministers und dessen gesamter Familie. Als im April 1998 die Regierungstruppen in die letzte Hochburg der Roten Khmer vorstoss, starb der berüchtigte Pol Pot angeblich an einem Herzinfarkt, obwohl es auch möglich erscheint, dass er von seinen eigenen Kadern hingerichtet wurde.

2002 fanden in Kambodscha die ersten Kommunalwahlen überhaupt statt und brachten – begleitet von Einschüchterungen und der Ermordung oppositioneller Kandidaten – einen Erdrutschsieg für Hun Sens CPP (Cambodian People’s Party). Die Wahlen der Nationalversammlung ein Jahr später gelten als bislang grösster Erfolg in Richtung Demokratisierung. Während auch hierbei die CPP wie erwartet den Sieg davontrug, konnten die Oppositionsparteien Sam-Rainsy-Partei (SRP) – diejenige Partei im Land, die einer liberalen Partei am nächsten kommt, und FUNCINPEC doch genügend Stimmen ergattern, um eine Alleinregierung der CPP zu verhindern.

Während der Schreckensherrschaft verlor ein Viertel der Bevölkerung das Leben und das Durchschnittsalter beträgt heute in Kambodscha gerade mal 21 Jahre.


Mehr Infos:
I knew Pol Pot (Englisch): http://www.youtube.com/watch?v=C9Lo1uZ5EZg
Pol Pot und das Terrorregime der Roten Khmer (4-Teilig in Deutsch):
Der bedeutendste Tempel der Angkorianische Epoche, Angkor Wat, ist sogar auf der Flagge Kambodschas



1 Kommentar:

  1. Noch schnell zwei Tipps:

    Nimm das Boot von Siem Reap nach Battambang (dauert zwar Stunden und ist nichts für Seekranke, aber lustig). Steig in Battambang im "the Bungalow" ab. Super nette Leute, ein cooler Tuk-Tuk-Fahrer als Fremdenführer, Velos zum Rumcruisen uvm.

    Gruss und viel Spass
    Pat (ex-Nachbar)

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