Freitag, 18. Mai 2012

Eine unvorhergesehene und unvergessliche Erfahrung

Tag 14 (14. Mai) meiner Reise um die Welt. Da die Einheimischen momentan Ferien haben ist es schwer ein Zugticket in irgendeine Richtung zu erwischen. Die Züge sind zum Teil vier Monate im Voraus ausgebucht. Trotzdem habe ich es geschafft eines der Lastminute Tickets zu ergattern (Tatkal genannt), welche erst 24 Stunden vor Abfahrt erhältlich sind. Mit dem Taxi geht’s los Richtung Jabalpur (dreieinhalb Stunden Fahrt) wo ich in den Zug Nummer 11464 besteige und diesen auch für die nächsten 30 Stunden nicht verlassen werde. 1410 Kilometer sind es bis nach Veraval. Veraval liegt im Staat Gujarat, welcher ca. fünfmal so gross wie die Schweiz ist.
Immer wieder im Zug lerne ich einheimische Familien kennen - alle wollen ein Foto mit mir. Na dann mach ich doch auch mal eines.
Taxifahrt 30 SFr., Zugfahrt 30 SFr., doch was kurz vor Ankunft des Zuges folgt: unbezahlbar! Es sei noch angemerkt, dass ich mich die ganze Zugfahrt über von „Chrömli" und „Biscuits" ernähre, da ich dem Essen in den Zügen nicht traue. In meinem Magen sieht es wohl aus wie in einem dieser grossen Zementmischer. Drei Stunden vor Ankunft steigt ein junges, indisches Paar in den Zug ein. Schnell komme ich mit dem zwei Jahre älteren Inder, der teilweise in Austalien lebt und mit seiner Frau unterwegs zu seiner Familie ist, ins Gespräch. Nach fünfzehn Minuten Smalltalk sagt er: „Warum kommst du nicht mit zu meiner Familie?" Hmmm… Wollen die mich ausrauben, betäuben oder sind die einfach so extrem nett? Ich lasse das Bauchgefühl entscheiden und sage zu. Die Pläne wieder über den Haufen geworfen – cool denke ich.

Ich steige also mit den beiden eine Stunde früher als geplant aus dem Zug aus. Wir werden von einem Verwandten und dessen Sohn am Bahnhof abgeholt. Ich werde extrem herzlich empfangen. Nach einem kurzen Abstecher bei den Eltern von Sonny (so heisst der Typ aus dem Zug und das wird auch der einzige Name bleiben den ich erwähne weil ich mir die anderen nicht merken kann) machen wir uns auf zu einer Mangofarm. Ich erfahre später, dass diese Farm demjenigen gehört der uns abgeholt hat. Er und seine Familie wohnen im 2000 km entfernten Hydrabad und diese Mangofarm wird von Farmern für ihn unterhalten.

hinterste Reihe: Besitzer Mangofarm, Ich, Sonnys Schweser und ihr Mann
mittlere, untere Reihe: Sonny, Frau von Mangofarmbesitzer, Sonny's Frau, Sohn Mangofarmbesitzer, Grossmutter

In Zwischen ist die ganze Verwandtschaft, 15 an der Zahl, beisammen. Die Frauen sitzen am Boden auf einem Tuch und bereiten das Essen zu.
Das Essen wird auf dem Feuer zubereitet


 Ich werde von allen mit Fragen bombardiert. Die Neugier ist riesig. Auf meine Aussage, dass ich aus der Schweiz bin höre ich zum x-ten Mal seit ich in Indien bin: „We think Switzeland is heaven on earth". Die Schweiz ist aus den Bollywood Filmen bestens bekannt. Also liebe Leute denkt jeden Tag daran: ihr wohnt im Himmel auf Erden! Ich werde von allen extrem herzlich aufgenommen und schnell fühle ich mich als wäre ich Teil dieser Familie.


Die Hunde der Farmarbeiter hatten vor 30 Tagen junge
 So das Essen ist bereit - gegessen wird im „Schniedersitz" und endlich mal richtig Indisch – nur mit den Händen. Also nur mit der rechten, die linke wird für schmutzige Angelegenheiten wie Schuhe anziehen, Allerwertesten reinigen, usw. verwendet. Das Essen schmeckt grandios – so gut habe ich in Indien noch nie gegessen.
Nach dem Essen geht es dann mit den Fragen um mich und die Schweiz weiter.

Besitzer Mangofarm übernimmt damit die Frauen auch essen können 

Später fahren wir zurück in die Wohnung. Sonny hat mir im Zug gesagt, dass sie die nächsten zwei Tage eine kleine Reise nach Somath, Diu und danach nach Sasan machen werden und dass ich natürlich mitkommen kann. Super, denn nach Sasan will ich ja auch.

Unterwegs nach Hause halten wir noch an einem Stand wo wir uns so ein Blatt mit diversen innereien zubereiten lassen. Hilft bei der Verdauung des Essens.
Schlafen werde ich nicht bei den Eltern von Sonny’s Frau, sondern bei Bekannten. Es ist extrem spannen in das Leben einer indischen Familie zu sehen. Frauen und Männer sind fast die ganze Zeit separiert. So auch als wir zurück sind, gehen die Frauen in die Wohnung und wir Männer bleiben draussen. Beim Eingang zur Wohnung wo ich übernachte Sitzen ca. 15 Männer zusammen und vier davon Spielen gerade eine Partie Keram. Kaum ist die aktuelle Partie vorbei soll ich mitspielen – auch hier: Sofort gehöre ich dazu und werde mit grösster Herzlichkeit empfangen. Jedes Mal wenn ich einen Stein versenke geht ein „Raunen" durch die Menge, alle Lachen und mir wird auf die Schultern geklopft.


Für das, dass ich das Spiel das erste Mal spiele schlage ich mich nicht schlecht
 Später machen wir uns dann in die Wohnung auf. Ich kann im Bett der Tochter schlafen die zurzeit nicht da ist. Teilen tue ich dieses mit dem Herrn des Hauses weil Mangel an Betten besteht, da alle Verwandten zu Besuch sind.

Herr des Hauses und seine Frau
Am nächsten Morgen machen wir uns nach Somath auf. Unterwegs halten wir noch bei einem Tempel der nur für die Kaste dieser Familie ist. Ich darf dabei sein, wenn sie sich bei ihrem Familiengott bedanken und für alles Gute beten.

Tempel, wo wir einen Zwischenstop einlegen

In Somath angekommen geht es wieder in einen Tempel. Schnell spüre ich die spezielle Atmosphäre an diesem für Hindus heiligen Ort. Fotografieren ist verboten, auch Gürtel mit metallenen Schnallen, Handtaschen, etc. müssen zuerst abgegeben werden. Wie ich später erfahre habe ich extremes Glück und es findet gerade eine spezielle Zeremonie statt die einige der Familie selber zum ersten Mal miterleben. Eine extrem spannende Erfahrung.
Ab in den Süden von Gujerat an den Strand. Die Insel Diu gehört nicht zum Staat Gujerat, sondern ist eigenständig und direkt der Regierung von Indien unterstellt. Diu war nie unter britischer Herrschaft sondern bis 1961 unter portugisischer Herrschaft und wichtiger Handelspunkt. Gujerat ist der einzige Staat Indiens wo ein striktes Alkoholverbot gilt. In Diu ist der Verkauf von Alkohol jedoch erlaubt. Nach der Ankunft kühlt sich erst mal die ganze Familie inklusive mir im Meer ab.

Bei über 50 Grad geniesse ich diese Abkühlung noch viel mehr
Danach tuscheln die Männer untereinander und bald wird mir klar, dass es um Bier geht. Sie sagen mir dann auch ich solle mitkommen – wir gehen Bier trinken. Mit den Worten: „Psssst, wife don’t like" schleichen wir uns unauffällig davon. Als wir dann auf einer Bank Platz nehmen und Bier trinken, kommt mir das vor als tränke ich mit 15 heimlich mein erstes Bier. Ganz stolz stellen sie auch fest, dass sie schneller trinken als ich. Kurze Zeit später zündet sich einer noch eine Zigarette an und gibt die Packung in die Runde. Auf die Worte „wife don’t like" folgt die Aufforderung mich vor einen von ihnen zu stellen, dass ihn seine Frau nicht sieht. Es ist witzig, dass sich diese Herren im Alter zwischen 28 und 50 so aufführen als wären sie 15 und würden das erste Mal heimlich Bier trinken und dazu eine Zigarette rauchen. „I like"


Schnappschuss am Strand

Danach gehen wir wieder zurück an den Strand und die ganze Familie inklusive mir albert im Sand rum.



Später geht‘s zurück zum Hotel wo wir uns einquartiert haben. Bevor wir uns auf den Weg machen ein Restaurant aufzusuchen, wird noch getanzt. Dazu wird das Auto mitten auf den Platz vor dem Hotel gestellt, Anlage voll aufdrehen, Türen auf und eröffnet ist die Familiendisco. Fast die ganze Familie tanzt im Kreis – natürlich kann ich mich davor nicht drücken. Es macht riesen Spass und es ist als würde ich diese Familie schon lange kennen.



Am nächsten Tag machen wir uns auf nach Sasan… Die Familie quartiert sich in einem Unterkunft ein die den Preis meiner um das zwanzigfache übersteigt. Es war aber schon so abgemacht, dass sich unsere Wege hier trennen, da ich in eine Unterkunft will die mir Empfohlen wurde und die Familie nur eine Nacht hier bleibt. Jedoch werde ich eingeladen den Tag noch mit Ihnen zu verbringen bevor sie mich dann gegen den Abend in meiner Unterkunft absetzen.


Eine Erfrischung auf dem Weg nach Sasan
Perfekt, das Hotel hat sogar einen Swimming Pool wo wir uns vor und nach dem Mittagessen vergnügen. Die Frage ob ich schwimmen kann wurde mir immer wieder gestellt – ich habe sie stets mit „Ja, natürlich" beantwortet. Schnell merke ich dann, dass auch diejenigen der Familie die auf meine Antwort mit „Ich auch" geantwortet haben auch nicht wirklich schwimmen können. Es sieht eher nach „einem Klatschen auf das Wasser aus damit ich nicht untergehe" aus. So erläutere ich dann den jüngsten der Familie die Basics des Brust und Crawl-Schwimmstils. Unauffällig hören und sehen auch die älteren ganz aufmerksam zu.

Am späten Nachmittag wollen dann noch alle ein Foto mit mir machen… Ich fühle mich wie ein Star – während 15 Minuten wird ein Foto nach dem anderen mit mir gemacht. Ich sitze einfach da und ständig werden die Personen um mich herum getauscht.
Inder schrecken mit Fragen nicht zurück. Sie wollen dann noch wissen wie viel ich verdiene doch so erfahre ich auch, dass derjenige dem die Mangofarm gehört mit mehreren Unternehmen ein jährliches Einkommen von ca. 250'000 SFr. hat und somit zur wohlhabenden Schicht von Indien zählt.
Wie abgemacht bringen sie mich gegen den Abend in meine Unterkunft. Die Zeit die ich mit dieser Familie verbringen durfte war extrem spannend und witzig. Ich erhielt Einblick in das Alltagsleben, die Sitten und Bräuche einer indischen Familie.
Spannen war auch indische Kultur und Bräuche hautnah mitzuerleben und auch festzustellen, dass der kulturelle Unterschied riesengross ist. So hat mir zum Beispiel keine einzige Frau die Hand geschüttelt beim Verabschieden...

5 Kommentare:

  1. Hey mi Schatz
    Dini Iträg si mega spannend! Unglaublech, was du i dene 18 Täg scho alles erläbt hesch! Eg hoffe, dass mer in Thailand au so tolli Sache wärde erläbe, freue me riiiiiisig druf!
    Vöu Spass morn uf dinere Löwesafari.
    Bes bald bem Skype:-), liebe de sooooooo fest!

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  2. Andy!!! soooo Cool!! i finds super was du alles erläbsch und uf dis Buchgfühl losisch ;) enjoy!

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  3. Hey alte! Genau die Sache mache so en Reis onvergässlech! Vou geil!
    Aber gliich vorsichtig bliibe, du weisch, "the education is under the crocodile" :-D

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  4. andy... super cool :) esch mega spannend zum lese, was so erläbsch. Mach witter so, warte uf din nögste brecht :)))

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  5. Hey Römu, weiss "education is under crocodile" göutet ou do ond do hani ned emou en Pfäfferspray debi!
    dLüt send super do, ned "under crocodile"

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